Ein Tag voller Bewegung – und Erkenntnis
- Andy

- 30. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Feiertag. Christi Himmelfahrt. Vatertag. Ein Tag, an dem viele ausschlafen, vielleicht entspannt frühstücken oder sich einfach treiben lassen. Ich aber war früh wach – viel früher, als ich müsste. Vielleicht war es die innere Unruhe, die mich aus dem Schlaf geholt hatte. Vielleicht einfach die Vorfreude. Ich hatte mir am Vorabend vorgenommen, mein Gravelbike zu schnappen und eine Tour zu machen.
Und so tat ich es.
8:50 Uhr. Der Fahrtwind streicht kühl über meine Haut, trägt den Duft von feuchtem Asphalt und frischem Gras mit sich. Die Straßen sind noch ruhig, nur hin und wieder das Surren eines anderen Radfahrers. Ich trete gleichmäßig in die Pedale, spüre, wie mein Körper in den Rhythmus kommt.

Es ist ein Moment der Freiheit – nur ich, mein Rad, die Welt um mich herum. Die Bewegung tut gut, die Gedanken werden leichter. Nach rund 40 Kilometern kehre ich heim, dusche, ziehe mich um. Körperlich zufrieden, geistig entspannt. Doch da ist noch etwas.
Das Rettichfest. Menschenmengen. Stimmengewirr. Ich spüre, wie sich eine leise Unsicherheit in meinen Gedanken einnistet. Seit Monaten kämpfe ich mich Stück für Stück in Situationen zurück, die mir früher zu viel waren. Vor einigen Monaten hätte ich es nicht geschafft, dorthin zu gehen. Doch heute? Ich weiß es nicht.

Ich habe eine Entscheidung zu treffen.
Schon seit Tagen wusste ich, dass Juliane, eine Freundin aus der Grundschule, die heute Geburtstag hat, dort sein würde – sie ist ein vertrautes Gesicht, ein Stück Beständigkeit in einem Meer aus Stimmen. Das Fest schien die perfekte Gelegenheit, einen Schritt weiterzugehen. Ich wollte dabei sein, wollte diesen Tag nicht verpassen.
Also fahre ich los.
Am vereinbarten Treffpunkt treffe ich die anderen. Ein kurzes Begrüßen und Absprechen, ein Lächeln hier und da. Wir steigen aufs Rad und fahren gemeinsam nach Haltingen. Die Fahrt ist angenehm, die Gespräche locker. Und als wir das Fest erreichen, merke ich: es fühlt sich gut an.
Die Sonne strahlt über die Reben, das Stimmengewirr ist nicht beängstigend, sondern lebendig. Ich lasse mich treiben, tauche ein in Gespräche, tausche Lächeln aus, stoße mit einem Glas an. Ich bin hier – und ich fühle mich wohl.
Es ist eine einfache Erkenntnis, und doch bedeutet sie so viel: ich kann das wieder. Ich kann mich unter Menschen bewegen, kann Teil solcher Momente sein, ohne dass die Unsicherheit die Oberhand gewinnt.
Nach unheimlich vielen tollen Begegnungen, ernsteren und lustigen Gesprächen, herzhaftem Lachen und ausgelassener Stimmung, als sich das Fest dem Ende entgegen neigt, sitze ich noch da. Die letzten Sonnenstrahlen tauchen die Weinberge in goldenes Licht, die Stimmen um mich werden leiser, die Bänke werden gerückt, das Fest wird langsam abgebaut. Die Menschen verteilen sich in alle Richtungen, doch in mir bleibt ein warmes Gefühl. Ich hatte gezögert, doch ich bin gegangen. Ich hatte Angst, doch ich habe sie hinter mir gelassen. Ich lehne mich zurück, nehme einen tiefen Atemzug und spüre nur eines: Zufriedenheit.
Und genau deshalb war es ein Feiertag – nicht nur wegen der freien Stunden, sondern weil er mir gezeigt hat, dass ich mich verändert habe. Dass ich wieder unter Menschen sein kann, die Begegnungen genießen, Gespräche führen und gemeinsam lachen kann – und dass all das sich einfach gut anfühlt.




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